So, nun ist es soweit.

Der größte Trachtenverein Deutschlands hatte mich in seine Reihen berufen und ich ging voller Vorfreude nach Ber.Gladbach um meinen Grundwehrdienst abzuleisten.

Man hatte ja schon so viel von dem gehört, was da alles so passieren sollte. Ich ging also davon aus das die Bundeswehr nichts anderes sei, als ein Haufen von zu alt gewordenen Pfadfindern die sich nach fröhlichen Geländespielen Abends einen hinter die Binse giesen und ansonsten den lieben Gott einen guten Menschen sein lassen würden.

-Mann, lag ich damit verkehrt-

Ich hatte das "Glück" meine Grundausbildung in einer Ausbildungskompanie des Wachbatailions antreten zu dürfen. Die Soldaten, die dort als meine Ausbilder fungierten, sollten mit meinen Vorstellungen überhaupt nicht konform laufen und hatten sich fest vorgenommen aus mir einen anderen Menschen und kernigen Soldaten zu machen. Mann-oh-Mann, war ich schon über den Empfang begeistert!

Es begann damit das ein, meiner Meinung nach,cholerisch veranlagter junger Mann in grüner Trachtenbekleidung uns am Kasernentor in Empfang nahm und uns brüllend mitteilte das wir uns zügig in einem Gebäude rechts des Eingangs einzufinden hätten. Da er dieses direkt neben meinem Ohr tat, habe ich ihn freundlich darauf hingewiesen das er mir nicht ins Ohr brüllen sollte, da ich das nicht vertragen würde.

Nun war ich mir sicher das der junge Herr in oliv jeden Moment platzen würde oder wie eine Rakete abgeht. Aus den heraus gedrückten, zischenden Lauten, meinte ich zu verstehen:"Sie, habe ich die nächsten 3 Monate im Auge". Aus Angst über seine Gesundheit sparte ich mir einen weiteren Kommentar und ging zu dem mir zugewiesenen Gebäude.

Dort angekommen, erwartete uns ein etwas zu klein geratener Mann der ebenfalls nicht in einer normalen Tonlage sprechen konnte. Dieser versuchte die dort versammelten jungen Rekruten ( so war unsere Bezeichnung ), brüllend und wild gestikulierend dazu zu bewegen sich in dreier Reihen aufzustellen.

Als ihm das einigermaßen gelungen war traten wir zu einem Fußmarsch quer durch die Kaserne an. Nach ca. 10 Minuten erreichten wir ein Gebäude, über dessen Eingang ein Schild hing, auf dem geschrieben stand "Kleiderkammer".

Dort bekamen wir sehr "modische" Sportbekleidung, die aus einem Trainingsanzug (Produktionszeitraum:frühes 18. Jahrhundert), Sporthose (feinstes Poliester), 2 weißen Sporthemden mit Adler (Feinripp) und vorsinnflutlichen Turnschuhen bestand. Ebenfalls wurden uns noch ein Schlafanzug in der Größe "für jeden passend" sowie 2 paar Socken der Marke "Stalingrad" ausgehändigt.

Nach der Rückkehr in oben genanntes Gebäude wurden uns gemütliche Zimmer zugewiesen, die man sich nur mit 8 Kameraden teilen mußte. Neben 4 Etagenbetten waren in diesem Raum noch für jeden Bewohner 1 Spind sowie ein Tisch und 8 Stühle. Bis dahin war mir garnicht bewußt das so viele Möbel in so einen kleinen Raum passen.

                                                 

      

Wir mußten jetzt unsere private Kleidung ablegen und die so eben empfangene, hochmodische, Sportbekeidung anlegen. Kurze Zeit später wurde unsere Zimmertür aufgerissen und ein, wiederum brüllender, Trachtenträger befahl uns, das wir vor dem Gebäude anzutreten hätten.

Dort erwarteten uns mehrere dieser notorisch laut schreienden Angehörigen der oliv-grünen Gemeinschaft. Diese versuchten, uns neue Rekruten, der größe nach, in dreier Reihen aufzustellen. Nach einer Weile war dieses, ihrer Meinung nach, erfolgreich abgeschloßen und wir warteten was wohl jetzt passieren sollte.

Nun trat ein etwas zu klein geratener Mann vor die versammelte Meute. Meiner Meinung nach, mußte das der zuständige Mann für das Angelwesen sein, da er auf jeder Schulter die Abbildung eines schematisch dargestellten Fisches hatte. Das einzige was ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht so ganz erklären konnte, war die gelbe Schnur die er über der Schulter hängen hatte.

Nach einigen, doch recht netten Worten der Begrüßung, stellte er sich als Kompaniefeldwebel unserer Ausbildungskompanie vor und das er uns jetzt den Chef dieser Einheit vorstellen würde.

Der junge Mann der jetzt vor uns trat, erkannte ich sofort wieder. Es war dieser cholerisch brüllende Mensch, der mir beim betreten der Kaserne schon so unangenehm aufgefallen war.

Da war es wieder, dieses unangenehme Gefühl in der Magengegend das ich schon aus früheren Jahren kannte und mich veranlaßte nach einem Fluchtweg Ausschau zu halten. Ich war mir zu diesem Zeitpunkt sicher, das es für meine weitere Zeit in dieser Einheit nicht förderlich war, Ihn-den Chef meiner Kompanie, darauf hinzuweisen, das ich das Brüllen in mein Ohr nicht so gut fand. 

-Wie recht ich doch haben sollte-

Nachdem er uns im Namen der Bundeswehr willkommen geheißen hatte und uns mitteilte das er der Herr Hauptmann P........ sei,teilte er uns einige Grundsätzliche Dinge über die Geflogenheiten innerhalb dieser "Erwachsenenpfadfindergruppe" mit. Dieses alles hier aufzuführen würde allerdings den Rahmen sprengen und ist den meisten eh bekannt. So will ich hier nur auf zwei ganz wesentliche Punkte eingehen

1. Befehl und Gehorsam

Uns wurde mitgeteilt das wir nach betreten des Kasernengeländes eigentlich jegliche Rechte an unserer Person verloren hätte und das jeder in dieser Kompanie uns gegenüber, natürlich nur im Rahmen des Grundgesetzes, weisungsbefugt wäre. Auch wurde mein Vorname durch eine andere Bezeichnung ersetzt. Ab sofort hieß ich nicht mehr Dieter sondern mußte den Namen "Jäger Müller" annehmen. Na, das konnte ja heiter werden. Ab sofort war ich nur noch Soldat und kein Mensch mehr.

2. Der Haarschnitt bei der Bundeswehr

Im Vorfeld muß man wissen das ich vor dem Antritt zur Bundeswehr beim Friseur meines Vertrauens gewesen bin und meine Haare so kurz wie noch nie habe schneiden lassen. Meiner Meinung nach wäre noch kürzer nicht möglich gewesen.

Das ich mit dieser Meinung falsch liegen sollte wurde mir relativ schnell bewußt.

Der Herr Hauptmann stellte sich breitbeinig vor die Truppe, nahm sein grünes Käppie vom Haupt,(Barrett, wie ich heute weis) strich sich mit seiner Hand über seinen Kopf und sagte zu uns."der einzige Beatle hier bin ich und jeder der die Haare länger hat wie ich muß zum Friseur".

Schock!

Beim genauen hinschauen konnte man tatsächlich auf seinem Kopf so etwas wie Haare entdecken. Allerdings nur dann wenn man eine Lupe benutzte. Eigentlich wurde seine Frisur in Fachkreisen als "polierte Platte" bezeichnet. Wie auch immer, kurze Zeit später befanden sich ca. 95% der Rekruten auf dem Weg zum Truppenfriseur der auch schon freudestrahlend auf uns wartete.

Nachdem dieses alles über uns ergangen war endete unser Tag damit, das wir uns gemeinsam zum Abendessen begaben und anschließend noch auf unserer Stube in die Geheimnisse des Bettenmachen nach Bundeswehrart eingewiesen wurden. Ziemlich schnell wurde es dann 22 Uhr und es wurde "Licht aus und schlafen" verordnet.

Ich war jetzt Soldat und hatte jetzt die Nacht über Zeit, die ersten Erlebnisse zu verarbeiten.

Der nächste Morgen begann um 05.30 Uhr mit einer Art von Wecken wie sie mir bis dahin noch nicht bekannt war. Laut schreiend "aufstehen" und mit einem Blecheimer Lärm erzeugend als fuhr ein Panzer über den Flur, versuchte der UvD (Unteroffizier vom Dienst) den frischgebackenen Soldaten schon am frühen Morgen den Tag zu versauen.

Kurz kam in mir der Gedanke auf ihn freundlich zu bitten, noch einmal in 1 bis 2 Stunden vorbei zu kommen und jetzt doch etwas leiser zu sein, da ich noch zu müde sei um aufzustehen.

Diesen Gedanken habe ich aber ganz schnell wieder verworfen als ich ihn rufen hörte:" Aufstehen, waschen, rasieren und in 20 Minuten im Sportzeug vor dem Gebäude antreten".

Ja, hatte der sie denn noch alle. Weis der den nicht das ich morgens eine gewisse Zeit brauchte um überhaupt einigermaßen wach zu werden. Der spinnt doch komplett morgens so einen Aufstand zu machen.

Wie auch immer, mir blieb nichts anderes übrig als aufzustehen und mich zusammen mit den anderen Kameraden in dem überfüllten Waschraum um eine Wasserstelle zu streiten. Erstaunlicher Weise schaffte ich es mich zu waschen, zu rassieren und anzuziehen um dann 20 Minuten später in dem modischen Sportdress vor dem Gebäude anzutreten. Beim durchschauen der Reihen stellte ich dann fest, das ich nicht der einzige war, dem diese frühe Uhrzeit zu schaffen machte. Einige (einschließlich ich) hatten wohl die Hoffnung das der Soldat vor uns, eine kurze Anspache hilt und wir uns dann noch ein Stündchen aufs Bett legen könnten.

-Pustekuchen-

Nach einem freundlichen "Guten Morgen Kompanie" murmelte der Knabe da vor uns etwas von "Frühsport" und mit dem Hinweis "folgen" trabte er langsam los.

Aber hallo, sind denn hier nur Irre!?! Ich war noch nicht wach und sollte hier im Morgengrauen schon laufend die Gegend erkunden. So langsam wurde ich mir immer sicherer das ich eindeutig im falschen Haufen gelandet war und mir graute es schon davor wie es weitergehen möge.

Nach dem gemütlichen Morgenspaziergang(so nannte es der Vorturner) war wieder waschen und Betten machen angesagt. Anschließend gingen wir(natürlich in geordneter Formation) zum Frühstück. Auch dafür hatten wir nicht unbegrenzt Zeit sondern lediglich 15 Minuten nach denen wir wieder vor dem Speiseraum anzutreten hatten. Nach einem kurzen Besuch auf dem Zimmer war wieder antreten vor dem Gebäude angesagt. Nach wiederum einer freundlichen Begrüßung durch den KpFw erklärte er uns den weiteren Tagesablauf der eigentlich nur aus einem Punkt besstand. Ausrüstungsempfang und Spind einräumem.

 

Man waren das viele Sachen und ich hatte nicht den leiseste Ahnung wie das alles in den Schrank passen sollte. Gott sei Dank gab es eine genaue Anleitung wie das alles funktionieren sollte. Dieses wurde durch das eingeteilte Fachpersonal auch auf das genauste kontrolliert und selbst kleinste Abweichungen wurden nicht tolleriert. Bei nicht Einhaltung dieses festgelegten Spindeinräumungsplan wurde mit einem gekonnten Schrankleerräumungsgriff dafür gesorgt das man seine Fähigkeiten im falten, stapeln und verräumen immer wieder verbessern konnte. Auch wurde uns  bei diesem Anlaß erklärt wie wir unsere Uniform zu tragen hätten. Da wir zu blöd waren uns nach Bundeswehrvorschriften richtig anzuziehen, wurde uns das in mehreren Maskenbällen anläßlich der Grundausbildung beigebracht.

Des weiteren brachte man uns in den folgenden 3 Monaten bei, was einen Soldaten bei der Bundeswehr so ausmacht. Wir lernten das korrekte Grüßen von Vorgesetzten, das Maschieren, den Umgang mit diversen Handfeuerwaffen und alles das was ein Jäger innerhalb der grünen Ausbildung so wissen muß. Auch lernten wir in Eigenerfahrung was das wichtigste bei der oliven Trachtentruppe ist: "TTV"!

=Täuschen-Tarnen-Verpissen=

Alles in allem vergingen diese 3 Monate doch recht schnell und ohne größere Blessuren, so das nach dem feierlichen Gelöbniss der Abschied aus dieser Einheit anstand. Mit Anspannung erwartete ich meinen Versetzungsbefehl, um zu erfahren wo ich die restliche Dienstzeit verbringen sollte. Der Tag kam und ich erfuhr das es mich nach Rotenburg/Wümme in die Lent-Kaserne verschlagen würde.

Rotenburg an der Wümme? Noch nie gehört! Wo ist das? Wie komme ich da hin? Sprechen die da noch meine Sprache?

Nachdem ich mich auf einer Landkarte in unsere Kompanie schlau gemacht hatte, wußte ich, das ich in den Norden, zwischen Bremen und Hamburg, gehen würde. Außer mir mußte noch 4 weitere Soldaten diesen Weg antreten.

Wie es da weitergeht erfahrt ihr unter"Die Bundeswehr geht weiter"

Made with ♥ by homepage.eu